Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6 (1994) |
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Die ersten drei Beiträge dieses Jahrbuchs enthalten Fallausschnitte, die der psychoanalytisch-pädagogisch orientierten Aus- und Weiterbildung von Pädagoginnen entstammen. Diese Fallausschnitte geben Anlass zur Frage nach der Psychodynamik von Einzelfallarbeit, nach dem Auftrag von Ausbildungssupervision und nach der Ausbildung professioneller Identität. In weiteren Beiträgen wird die lebensgeschichtliche Bedeutung der geburtlichen und vorgeburtlichen Erfahrung diskutiert. Beiträge über das Leben und Werk von Ernst Federn, über die Institutionalisierung der Psychoanalytischen Pädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, über das gesamte wissenschaftliche Werk von Hans-Georg Trescher und über zahlreiche psychoanalytisch-pädagogische Neuerscheinungen runden den Band ab. Inhalt des Jahrbuchs für Psychoanalytische Pädagogik 6 (1994):Möglichkeiten des psychoanalytisch-pädagogischen Verstehens und Arbeitens in unterschiedlichen Institutionen und PraxisfeldernSchmid, Volker: Bildung als Präsentation und Repräsentation. Analysen von Episoden einer pädagogischen Einzelfallarbeit unter den Gesichtspunkten von kommunikatiyen Mustern, unbewußten Phantasien und bildungstheoretischen Reflexionen. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 9-24 Abstract: Es wird ein Überblick gegeben
über den Verlauf einer pädagogischen Einzelfallarbeit mit
einem achtjährigen Mädchen, das aus der Sicht der Schule vor
allem durch ein nahezu völliges Versagen im Rechenunterricht auffällig
wurde. Dieser Verlauf wird durch drei Episoden und Sequenzen im Detail
konkretisiert. Unter psychoanalytischen Perspektiven ist die in der
Familie tabuierte Adoption des Mädchens sowohl im Bezug auf die
unbewußten Phantasien als auch auf die Rechenprozesse von zentraler
Bedeutung. Mit dem bildungstheoretischen Zugang werden bildsame Wirkungen
der Arbeit erschlossen, die psychoanalytisch-pädagogischer Sicht
gewöhnlich verschlossen bleiben. Steinhardt, Kornelia: Supervision im Rahmen des Pädagogikstudiums. Zur Bedeutung der Reflexion universitärer Bedingungen als konstitutives Element von Ausbildungssupervision. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 25-54 Abstract: Supervision gewinnt zwar als Element von Ausbildungen im
pädagogisch-psychosozialen Bereich immer mehr an Bedeutung, wird
jedoch in der Literatur häufig als „Sonderform“ von
Supervision betrachtet, da sich Auszubildende noch in einer lebensgeschichtlichen
Übergangsphase befinden. Die Autorin geht der Frage nach, ob eine
solche „Ausgrenzung“ gerechtfertigt ist, wobei grundlegende
konzeptionelle Überlegungen zu Supervision angestellt werden. Anhand
der Analyse zweier Fallbeispiele aus Supervisionsgruppen mit Pädagogikstudentlnnen
wird aufgezeigt, daß gerade die Einbeziehung und Reflexion der
Besonderheiten bzw. Probleme, die sich aufgrund der Ausbildungssituation
und der institutionellen Gegebenheiten von Universität für
die Studierenden ergeben, für den Erwerb pädagogisch-psychosozialer
Kompetenzen förderlich ist. Besondere Beachtung wird dabei der
Bedeutung und dem Einfluß spätadoleszenter Identitätsentwicklung
geschenkt, die für die Bearbeitung der problematischen Praktikumserfahrungen
der Studierenden in den Supervisionsgruppen prägend sein kann. Dörr, Margret : „Hier findet das satte Leben statt“ — Berufliche Identität in der Institution einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 55-68 Abstract: Die Autorin thematisiert in ihrem Beitrag
mögliche Schwierigkeiten und Konflikte von MitarbeiterInnen eines
multiprofessionellen Teams in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie
zeigt, daß die Herausbildung einer pädagogischen Professionalität
nicht nur von einer bewußten Abstimmung zwischen persönlichen
Zielen und Werten einerseits und beruflichen Anforderungen und Handlungsmaximen
andererseits abhängig ist, sondern auch in einem bestimmten Zusammenspiel
zwischen institutionellen Gegebenheiten und unbewußten Abwehrtendenzen
gründet. An zwei kurzen Beispielen stellt sie eine mögliche
Kollusion zwischen ärztlichen und pädagogischen MitarbeiterInnen
vor, die sie anhand des Kleinianschen Begriffs der Projektiven Identifizierung
zu erklären versucht.
Zur Diskussion um die lebensgeschichtliche Bedeutung der vorgeburtlichen und geburtlichen ErfahrungBüttner, Christian und Pfeil, Jutta: Perinatale Aspekte von Verhaltensstörungen am Beispiel eines Kindergartenkindes. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 69-90 Abstract: Kindergärten und Kindertagesstätten bieten sich
— als sekundäre Sozialisationsinstanzen — für
Kinder an, sich mit ihrer Lebensgeschichte auseinanderzusetzen und traumatische
Erfahrungen unbewußt zu reinszenieren. Da dieses Verhalten auf
den ersten Blick oft unverständlich scheint, werden diese Kinder
dann als „verhaltensauffällig bzw . „verhaltensgestört“
bezeichnet. Psychoanalytisch-pädagogisch orientierte Berichte beschreiben
diese Verhaltensauffälligkeiten u.a. als Störungen früher
Objektbeziehungen. Sie vernachlässigen dabei bisher jedoch die
Bedeutung der Prä- und Perinatalzeit, in der das Fundament aller
späteren Erfahrungen gelegt wird. Anhand eines Fallbeispiels wird
der Niederschlag perinataler Erfahrungen eines Jungen im vorschulisches
Beziehungsgeschehen verdeutlicht. Konsequenzen für die sozialpädagogische
Arbeit könnten sein, der auf den Urzustand zurückgehenden
Regression z. B. im Spielgeschehen eine neue Aufmerksamkeit zu widmen,
sowie sich in eine entsprechenden pädagogischen Haltung dazu zu
begeben, um einen „neuen Anfang“ zu unterstützen. Janus, Ludwig: Psychoanalytische und pränatalpsychologische Aspekte zur lebensgeschichtlichen Bedeutung vorgeburtlicher und geburtlicher Erfahrung. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 91-107 Abstract: Die Lebenswelt des Kindes vor der Geburt
ist heute Gegenstand vielfältiger Forschungsbemühungen —
Verhaltensbeobachtung, Streßforschung, Lernforschung u.a.. Auf
dieser Grundlage kann erst heute die Bedeutung der Entdeckung der lebensgeschichtlichen
Bedeutung der Erfahrung vor und während der Geburt durch die Psychoanalytiker
Rank und Graber im Jahre 1924 in ihrer ganzen Bedeutung gewürdigt
werden. Die frühe vorsprachliche Erfahrung kann sich in Träumen,
Symptomen, Verhaltensauffälligkeiten, szenischen Gestaltungen und
Körperempfindungen in Belastungssituationen und besonders in Gruppensituationen
aktualisieren. In den 70er Jahren gingen wertvolle Impulse von der Außenseiterforschung
der LSD-Selbsterfahrung, der Hypnotherapie und der Primärtherapie
aus. In den Kinderpsychotherapien hat die Einbeziehung möglicher
Traumatisierungen in der vorgeburtlichen und geburtlichen Erfahrung
bereits einen festen Platz gefunden. Es liegen so ausführliche
und gesicherte Beobachtungen vor, daß hiervon fruchtbare Anregungen
für den Bereich der Kindergartenbetreuung, der Pädagogik und
Sonderpädagogik ausgehen können, wie ebenso für den Bereich
der Frühförderung. Im Bereich der Psychoanalyse Erwachsener
steht die Diskussion der Einbeziehung vorgeburtlicher und geburtlicher
Erfahrungen noch im Anfang. Dies hängt damit zusammen, daß
diese Thematik ein Neudurchdenken wichtiger psychoanalytischer Konzepte
und kulturpsychologischer Annahmen erfordert. Für diese Diskussion
bringt der Beitrag Überlegungen und Anregungen.
Zur Geschichte der psychoanalytischen Pädagogik und ihrer InstitutionalisierungKaufhold, Roland: Ernst Federn: Sozialist, Psychoanalytiker, Pädagoge. Eine Annäherung an sein Leben und Werk. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 108-132 Abstract: Der 1914 in Wien als Sohn des Psychoanalytikers und engen Freud-Mitarbeiters Paul Federns geborene Ernst Federn repräsentiert in seinem Leben und Werk das Schicksal der Psychoanalytischen Pädagogik wie auch einzelner Vertreter ihrer “Pionierzeit“: Er wuchs Anfang diesen Jahrhunderts als Sohn eines Psychoanalytikers in Wien auf und engagierte sich über die Identifikation mit Aichhorn und Bernfeld einerseits sowie Max Adler und weiteren marxistischen Theoretikern andererseits im antifaschistischen Widerstand. Er wurde von den Nationalsozialisten in Dachau und Buchenwald sieben Jahre lang gefangengehalten und emigrierte in die USA. Es gelang ihm, im Exil zumindest Teile seines kulturellen Erbes aufzubewahren und weiterleben zu lassen. 1972 kehrte er nach Wien zurück und beteiligte sich als psychoanalytischer Sozialarbeiter und Supervisor an der Reform des österreichischen Strafvollzuges. Aus Anlaß des 80. Geburtstages von Ernst
Federn wird die enge Verflechtung zwischen seinem Leben und Werk anhand
von z.T. unveröffentlichten Materialien skizziert und sein Beitrag
für die Psychoanalyse, die Psychoanalytische Pädagogik sowie
die Psychoanalytische Sozialarbeit beschrieben. Datler, Wilfried , Fatke, Reinhard und Winterhager-Schmid, Luise: Zur Institutionalisierung der Psychoanalytischen Pädagogik In den 80er und 90er Jahren: Die Einrichtung der Kommission „Psychoanalytische Pädagogik“ in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 132-161 Abstract: 1987 wurde innerhalb der Deutschen
Gesellschaft für Erziehungswissenschaften eine Arbeitsgruppe auf
Zeit „Pädagogik und Psychoanalyse“ gegründet,
die 1993 in eine ständige Kommission für „Psychoanalytische
Pädagogik“ umgewandelt wurde. Seit ihren Anfängen wurde
damit Psychoanalytische Pädagogik erstmals in einer pädagogischen
Vereinigung von überregionaler Bedeutung und fachwissenschaftlichem
Charakter explizit und auf Dauer institutionell verankert. Im vorliegenden
Beitrag wird die Bedeutung dieses Schrittes herausgestrichen und der
Prozeß dieser Institutionalisierung nachgezeichnet. In diesem
Zusammenhang werden auch Antragspapiere, die bisher durchgeführten
Arbeitstagungen sowie Veröffentlichungen wiedergegeben, die aus
den Aktivitäten der Arbeitsgruppe „Pädagogik und Psychoanalyse“
sowie aus der Kommission „Psychoanalytische Pädagogik“
hervorgegangen sind.
LiteraturumschauDatler, Wilfried und Eggert-Schmid Noerr, Annelinde: Hans-Georg Treschers Veröffentlichungen über Psychoanalyse und Pädagogik. Zur Würdigung seines wissenschaftlichen Werkes. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 162-181 Abstract: In diesem Beitrag wird eine Übersicht über das
gesamte wissenschaftliche Werk Hans-Georg Treschers gegeben, der 1992
völlig unerwartet verstarb. Auf fünf Themengebiete, die Hans-Georg
Trescher bearbeitet hat, wird näher eingegangen: (1.) auf seine
Auseinandersetzung mit Psychoanalytischer Sozialisationstheorie; (2.)
auf seine Bemühungen um das Konzept des szenischen Verstehens;
(3.) auf seine Arbeiten zur Klärung des Selbstverständnisses
von Psychoanalytischer Pädagogik; (4.) auf sein verstärktes
Eintreten für die Beschäftigung mit psychoanalytischen Gruppentheorien;
sowie (5.) seine Bemühungen um die Entwicklung von psychoanalytischen
Konzepten in spezifischen Praxisfeldern. Diesen Ausführungen ist
eine Schlußbemerkung sowie eine Zusammenstellung aller Aufsätze
und Bücher angeschlossen, die Hans-Georg Trescher alleine oder
mit anderen publiziert oder herausgegeben hat. Messerer, Karin und Rath, Karin: Jüngere Publikationen zu speziellen Praxisbereichen und Fragestellungen der Psychoanalytischen Pädagogik. In: Datler, W., Finger-Trescher, U., Büttner, Ch. (Hrsg.): Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 6. Matthias-Grünewald-Verlag: Mainz, 1994, 183-211 Abstract: Wie bereits in den vorangegangenen Jahrbüchern werden
in diesem Beitrag neuere Publikationen aus dem Schnittfeld von Psychoanalyse
und Pädagogik vorgestellt. Aufgrund des zunehmenden Interesses
an psychoanalytisch-pädagogischen Fragestellungen können neben
zahlreichen Artikeln unterschiedlicher Länge mehr als zwei Dutzend
Bücher dokumentiert werden. In diesen Arbeiten werden das Selbstverständnis
Psychoanalytischer Pädagogik, ihre geschichtliche Entwicklung,
unterschiedliche Praxisbereiche, entwicklungspsychologische und sozialisationstheoretische
Fragestellungen und spezielle Einzelprobleme diskutiert.
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