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Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14 (2004)
                       

Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.):

Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik.

Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004

In psychoanalytisch-pädagogischen Publikationen trifft man Falldarstellungen besonders häufig an. Dass psychoanalytisch-pädagogische Veröffentlichungen von »konkreten Menschen« handeln, macht sie oft besonders lebendig.

Im vorliegenden Band eröffnen Einzelfalldarstellungen aktuelle Einblicke in die Besonderheit des psychoanalytisch-pädagogischen Nachdenkens über pädagogische Probleme. Einige Beiträge thematisieren überdies die Bedeutung, welche Falldarstellungen und Fallanalysen für psychoanalytisch-pädagogische Forschung und Professionsentwicklung haben. Bezüge zu Entwicklungen im Bereich der Psychotherapieforschung werden hergestellt.

Einer der beiden Literaturumschauartikel, mit denen der Band endet, handelt von der psychoanalytischen Theorie der Bearbeitung von Erlebnisinhalten im Spiel.

Inhalt des Jahrbuchs für Psychoanalytische Pädagogik 14 (2004):

Datler, Wilfried:

Wie Novellen zu lesen ...: Historisches und Methodologisches zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 9-41

Abstract: Der Autor verweist zunächst auf die auffallend große Häufigkeit von Falldarstellungen in psychoanalytisch-pädagogische Publikationen und führt dies darauf zurück, dass die Bezugnahme auf Falldarstellungen dem spezifischen Gegenstand von Psychoanalyse – und somit auch dem spezifischen Gegenstand von Psychoanalytischer Pädagogik – entspricht. Er stützt diese Behauptung, indem er – im Vergleich mit einer Freudschen Falldarstellung aus dem Jahre 1883 und einer Falldarstellung Charcots – aufzeigt, dass Freud von 1895 an geradezu darauf angewiesen war, Einzelfallstudien zu publizieren, um deutlich zu machen, welche Erfahrungen ihn veranlassten, bestehende Theorien zu modifizieren und neue Theorien zu entwerfen. An einem Beispiel Aichhorns wird gezeigt, dass die Funktion von Fallstudien in psychoanalytisch-pädagogischen Kontexten ähnlich der Funktion jener Fallstudien ist, die sich in Freuds Veröffentlichungen finden. Der Artikel schließt mit Bezügen zu aktuellen Diskussionen zur Relevanz von Falldarstellungen im Kontext von Psychoanalyse.

Bittner, Günther:

Was kann man „aus Geschichten lernen“?

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 42-53

Abstract: Der Beitrag vergegenwärtigt die Geschichte pädagogischen Biographieninteresses und weist dabei insbesondere die Berührungspunkte der neueren pädagogischen Biographienforschung mit der Psychoanalyse auf. Er geht auf die gewandelte Einschätzung der großen biographischen Krankengeschichte in der Psychoanalyse ein und erörtert das gemeinsame Interesse psychoanalytischer und pädagogischer Biographik an einen neuen, noch zu entwickelnden nichtsubsumptiven, sondern hermeneutischen Umgang mit Geschichten.

King, Vera:

Generationen- und Geschlechterbeziehungen in Freuds ,Fall Dora‘. Ein Lehrstück für die Arbeit mit Adoleszenten.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 54-75

Abstract: In diesem Beitrag geht es um die erste und meist diskutierte Fallgeschichte der Psychoanalyse: das 1905 von Freud publizierte „Bruchstück einer Hysterie-Analyse“, vielfach als ,Fall Dora‘ bekannt geworden.. An Freuds ,Fall Dora‘, der einen Ursprungstext der Psychoanalyse darstellt, werden einmal die allgemeine Funktion und Bedeutung von Fallgeschichten und Kasuistiken im Theoriebildungs- und Erkenntnisprozess verdeutlicht (1). Zum anderen repräsentiert der ,Fall Dora‘ ein paradigmatisches Lehrstück für die Arbeit mit Adoleszenten, wie gerade auch durch die Rekonstruktion jener Prozesse gezeigt werden kann, in denen die potenzielle Entfaltung eines adoleszentes Möglichkeitsraums in der Analyse verspielt wird. Mit Blick darauf können anhand der Interpretation der Fallgeschichte zentrale Thematiken der Arbeit mit (weiblichen) Adoleszenten erörtert werden, die das Generationenverhältnis und die Geschlechterbeziehungen betreffen und die für die analytische, beraterische oder jugendpädagogische Arbeit mit Adoleszenten übergreifend relevant und insofern von großer Aktualität sind (2).

Boothe, Brigitte:

Die Fallgeschichte als Traumnovelle: Eine weibliche Erzählung vom Erziehen.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 76-98

Abstract: Psychoanalytische Fallgeschichten sind Rätselnovellen der psychischen Existenz. Sie wollen unterhalten, die Einbildungskraft anregen und von praktischem Nutzen sein. Wie die Novelle bedient sich das Fallnarrativ einer evokativen Art des Sprechens. Diese erzeugt emotionales Engagement und lädt den Leser zur Identifikation in der Phantasie ein. Die Novelle – Erzählung von Neuigkeiten – gestaltet menschliches Leben zugespitzt auf Ereignisse der besonderen Art, auf Kulminations- und Wendepunkte. Dabei gestaltet sie weniger das äußere als vielmehr ein inneres Leben. Die novellistische Form verleiht diesem Leben ein Unergründliches und weckt Neugier und Empathie. Die psychoanalytische Fallgeschichte hat die Aufgabe, biographische Wirklichkeit so darzustellen, dass sie zum – lösbaren – Rätsel wird. Auch hat sie eine biographische Wahrheitsverpflichtung, eine wissenschaftliche Sorgfaltsverpflichtung und eine moralische Gerechtigkeitsverpflichtung: Sie soll dem menschlichen Original Gerechtigkeit widerfahren lassen. Psychoanalytische Fallgeschichten gestalten nicht nur das Porträt eines Menschen, sondern verweisen auch auf gelebte Beziehung: die gemeinsame Geschichte, die Patient und Psychoanalytiker in ihrer therapeutischen Arbeit entwickelt und gelebt haben. Dabei ist es von besonderem Interesse, wie Patienten selbst dazu beitragen, zur Hauptfigur in einer Fallnovelle zu werden und wie sie Regie führen. Die Mitteilung eines Traumes kann dabei exemplarische Dienste bei der narrativen Verfertigung der eigenen Psychographie leisten. Eindrucksvoll ist das gewählte Beispiel nicht zuletzt um seiner pädagogischen Bezüge willen: Mädchenerziehung als Traum.

Schubert, Inge:

Die „Offene Klassenrunde“ – ein gruppenanalytisches Setting in der Schule. „Meine Mutter sagt, ich bin genau wie mein Vater.“

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 99-120

Abstract: Im Sinne psychoanalytischer Pädagogik innerhalb der Institution Schule mit einer gesamten Klasse und mit dem Anspruch einer analytischen Gruppe zu arbeiten, das ist neu, ein Versuch und vor allem im Hinblick auf den Anspruch keinesfalls unumstritten. Die Autorin hat als Lehrerin und Forscherin für dieses Experiment den Raum der Offenen Klassenrunde geschaffen. Insbesondere durch die Schilderung einer Gruppensitzung wird die psychoanalytische Dimension einer solchen Arbeit greifbar. Die darüber hinaus gehenden Fragen an den Anspruch, tatsächlich eine analytische Gruppe zu leiten, versucht die Autorin soweit zu beantworten, wie dies aus der bisherigen Praxis möglich ist.

Datler, Wilfried und Finger-Trescher, Urte:

Gruppenpsychoanalyse in der Schule? Einige Anmerkungen zum Beitrag von Inge Schubert.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 121-131

Abstract: Im Beitrag wird der Artikel von Inge Schubert diskutiert, der in diesem Band nachzulesen ist und von der Einrichtung einer „analytischen Gruppe“ mit Schülerinnen und Schülern an einer Schule handelt.

Urte Finger-Trescher und Wilfried Datler beziehen sich darauf, dass diese Gruppe als „angewandte analytische Gruppe“ vorgestellt wurde, theoretische Fundierungen solcher „angewandter analytischer Gruppen“ aber erst in ersten Ansätzen vorliegen. Unter Bezugnahme auf das kasuistische Material und allgemein gehaltenen Überlegungen, die Inge Schubert vorstellt, werden vier Themenbereiche markiert, die es in Hinblick auf eine differenziertere theoretische Fundierung der Arbeit mit einer analytischen Gruppe im Rahmen von Schule sorgfältig zu reflektieren gilt. Diese vier Themenbereiche tangieren durchwegs die vielen Abhängigkeiten des Gruppengeschehens von den strukturellen Gegebenheiten der Institutionen Schule und den darin gründenden Beziehungen, die es präziser zu benennen und zu berücksichtigen gilt.

Körner, Jürgen und Müller, Burkhard:

Chancen der Virtualisierung: Entwurf einer Typologie psychoanalytisch-pädagogischer Arbeit.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 132-151

Abstract: Der Beitrag bestimmt als Grundbedingung psychoanalytischen Handelns in unterschiedlichen, insbesondere pädagogischen Anwendungsfeldern, dass es im jeweiligen Feld sowohl notwendig als auch möglich ist, vorgegebene Aufgaben, Ziele, Handlungsnormen samt inneren und äußeren Zwängen zeitweise zu suspendieren, unter Vorbehalt zu stellen und damit einen „potentiellen Raum“ (Winnicott) zu schaffen, in welchem Gewünschtes, Verdrängtes, Ersehntes als mögliche Wirklichkeit gedacht werden kann, ohne sogleich außenwirksame Wirklichkeit sein zu müssen. Die Handlungsfelder Psychoanalytischer Pädagogik, so die zentrale These, lassen sich nach der Art und dem Grad unterscheiden, in dem diese Grundbedingung verwirklicht werden kann.

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Literaturumschau

Gartner, Katharina:

Warum der kleine Ernst eine Holzspule schleudert. Oder: Die psychoanalytische Theorie der Bearbeitung von Erlebnisinhalten im Spiel. Ein Literaturüberblick.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 152-179

Abstract: Einer besonderen Funktion kindlichen Spielens, die in Publikationen zur Psychoanalytischen Pädagogik von deren Anfängen an immer wieder als für das psychische Gleichgewicht und die psychische Entwicklung des Kindes bedeutend beschrieben wird, ist dieser Literaturumschauartikel gewidmet: dem Be-, Ver- oder Durcharbeiten von Erlebnisinhalten im Spiel. In Bezugnahme auf ein paradigmatisches Beispiel Freuds wird versucht, ein übersichtliches Bild psychoanalytischer Theorie zu dieser Spielfunktion nachzuzeichnen: Zum einen wird fokussiert, wie – mittels welcher Vorgänge, Mechanismen bzw. Prozesse – Erlebnisinhalte im Spiel verarbeitet werden. Zum anderen wird ein Überblick darüber gegeben, welche Formen von Erlebnisinhalten, die beim Spielen bearbeitet werden können, welcherorts thematisiert werden. Besonderes Augenmerk wird dem Prozess der spielerischen Bearbeitung von Konflikten geschenkt.

Tober, Andrea und Wininger, Michael:

Jüngere Publikationen zu speziellen Praxisbereichen und Fragestellungen der Psychoanalytischen Pädagogik.

In: Datler, W., Müller, B., Finger-Trescher, U. (Hrsg.): Sie sind wie Novellen zu lesen ...: Zur Bedeutung von Falldarstellungen in der Psychoanalytischen Pädagogik. Psychosozial-Verlag: Gießen, 2004 [Jahrbuch für Psychoanalytische Pädagogik 14], 180-213

Abstract: Auch das diesjährige Jahrbuch wird mit einer Literaturumschau abgerundet. In mehreren thematisch gegliederten Kapiteln werden aktuelle Veröffentlichungen zu verschiedenen Fragestellungen psychoanalytisch-pädagogischer Theoriebildung und Praxis überblicksweise dokumentiert. Im Umschauartikel finden Beiträge zu folgenden Fragenkomplexen Darstellung: (1.) Publikationen zu grundlegenden und historischen Fragestellungen Psychoanalytischer Pädagogik; (2.) Jüngere Literatur zu verschiedenen Praxisbereichen Psychoanalytischer Pädagogik; (3.) Beiträge zu entwicklungspsychologischen und sozialisationstheoretischen Fragestellungen und (4.) Veröffentlichungen zu weiteren Themenstellungen mit psychoanalytisch-pädagogischer Relevanz.

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